Gedankensplitter – Weihnachten mit hinkendem Kamel
Bei uns Zuhause war es praktisch an Weihnachten. Mit sechs älteren Geschwistern konnten alle Rollen des Krippenspiels besetzt werden. Der älteste Bruder wurde zu Josef. Meine Schwester Maria spielte, wie könnte es anders sein, die Maria. Zwei Schwestern schlüpften in die Rolle der Engel, zwei Brüder in die der Hirten. Ich als Jüngste durfte das Christkind sein. Unsere Feiern waren sehr stimmungsvoll, nicht zuletzt, weil mein ältester Bruder später Förster lernte und wir daher durchs Band die schönsten Christbäume in der ganzen Nachbarschaft hatten.
Mein Lieblingsobjekt aber war die Weihnachtskrippe, die mein Vater selber gezimmert hatte. Und das absolute Highlight darin: Ein batteriebetriebenes, rotes Laternchen! Es wird Sie nicht verwundern zu hören, dass nicht selten just an Heilig Abend die Batterie leer war… Doch Frau Hodel von „Elektro Hodel“ war kulant und öffnete auch nach Feierabend noch das Geschäft für uns.
Neben den üblichen Figuren hatte die Krippe noch einen besonderen Gast: Ein Kamel! Aber so ein Kamel aus Porzellan und sieben Kinder… was meinen Sie, wie oft wir dem armen Kamel ein Bein ankleben mussten? Auch heute noch hinkt es leicht, wenn es mit den drei Königen beim Stall ankommt. Ich liebe dieses Kamel, es scheint mir ein schönes Bild für mich selber. Ich fühle mich an Weihnachten oft auch so, dass ich hinkend bei der Krippe ankomme. Hinkend, weil ich zu wenig Ruhe gefunden habe, um mich innerlich auf die Ankunft des Jesuskindes vorzubereiten. Hinkend, wegen der Trauer, dass einige, die ich liebe, nicht mehr da sind. Hinkend, weil ich dem Christkind doch lieber ein Geschenk bringen möchte, so wie die Könige! Aber dann komme ich hinkend daher, als die, die ich bin, mit meinen Geschichten, meinen Ecken und Kanten. Und – bin einfach willkommen! Denn vor mir steht nicht ein tapferer Held. Nein, da liegt ein kleines Kind. Das sich nicht daran stört, dass mein Leben eher einem Hinken gleicht als einem königlichen Schreiten. Hauptsache ich nehme es in den Arm.
So wünsche ich Ihnen, dass Sie mit all Ihren Geschichten den Weg zur Krippe finden und das Jesuskind in Gedanken fest in Ihre Arme nehmen. Warum nicht, indem Sie sich gegenseitig Ihre Geschichten erzählen? Es gibt nichts Schöneres, als einander eine Geschichte zu erzählen. Denn es ist ein Stück von uns selber, das wir verschenken. Frohe Weihnachten!
Bernadette Peterer, Pfarreiseelsorgerin