Zum Hochfest Fronleichnam
Während wir heute die Begriffe Leichnam oder Leiche nur noch für menschliche Verstorbene brauchen, war das früher anders. Das mittelhochdeutsche Wort līch, vom althochdeutschen Wort līh, meinte den Körper, das Fleisch oder die Leiche von Menschen oder Tieren. Es könnte also der Eindruck entstehen, dass wir am Hochfest von Fronleichnam, einem toten Körper gedenken. Dieser Eindruck täuscht uns, denn in Wirklichkeit feiern wir den lebendigen Leib Christi oder an Fronleichnam besser: den lebendigen Leib des Herrn.
Denn das mittelhochdeutsche Wort vrôn bedeutet etwa «was den Herrn betrifft». Es geht also um den Leib des Herrn. Und Herr meint hier weniger ein biologisches Geschlecht, wie eine gesellschaftliche Funktion. Der Herr steht, wie der Vater, einer gesellschaftlichen Gruppe vor. Er setzt sich für diese Gruppe ein und sorgt sich um sie. Er organisiert die Aufgaben und Stellungen innerhalb der Gruppe und steht damit dieser Gruppe vor. In diesem Sinne bezeichnen die Jünger Jesus von Nazaret als Lehrer, Meister oder eben Herr.
Wie am Hohen Donnerstag feiern wir, dass Jesus mit seinen Jüngern das Mahl hielt. «Das ist mein Leib», «Das ist mein Blut» spricht er zu seinen Vertrauten. Und jedes Mal, wenn wir heute Eucharistie feiern oder einer Kommunionfeier beiwohnen, können wir erleben, dass Jesus unter uns gegenwärtig ist. Er begegnet uns in den Gestalten von Brot und Wein. In der Kommunion empfangen wir den Leib Christi und bestätigen das mit dem griechischen Wort «Amen» (Bedeutung etwa: so sei es!). Im Leib Christi begegnet uns nicht «totes Fleisch», sondern das Leben selbst. Uns begegnet Jesus Christus, der für uns gelebt hat, der uns den himmlischen Vater verkündet hat, der für uns gelitten hat und gestorben ist, der am dritten Tage auferstanden ist, der seinen Vertrauten begegnet ist, der in den Himmel zum Vater heimgekehrt ist und der uns den heiligen Geist gesandt hat. Im Leib Christi der Kommunion begegnet uns seine ganze Persönlichkeit.
An das Mahl am Hohen Donnerstag schliesst der Verrat, die Verurteilung und die Kreuzigung an. Da bleibt keine Zeit das Liebesmahl von Jesus mit seiner Jüngerschaft richtig gross zu feiern. Dieser Feier geben wir im Fronleichnamsfest, am Hochfest des Leibes und Blutes Christi, einen gebührenden Raum. Und wir machen unseren Herrn durch das Brot und durch unsere Gemeinschaft sichtbar: Seht er ist da! Er ist gegenwärtig! Heute, bei uns!
Ich wünsche uns allen ein frohes und gesegnetes Fronleichnamsfest.
Thomas Mauchle, Gemeindeleiter ad interim
Impressionen vom Fronleichnams-Gottesdienst 13. Juni 2020
geschmückte Kirchenbänke
Blumenbild zu Fronleichnam
Statue
Lamm Gottes